Frankreichreise 2011 - Teil 3

5.5.2011

Wir verlassen Fouchecourt mit etwas schweren Herzen. Wir kennen Heidi und Stephan eigentlich noch ganz wenig, und doch fühlen wir uns bei Ihnen "wie zu Hause". Das gehört auch zum Schifferleben: Menschen kennen lernen, Menschen, die man mag, wieder sehen und eben auch wieder von ihnen Abschied nehmen.

Einfahrt in den Canal des Vosges - früher Canal de l'Est, Branche sud.

Einfahrt in den Canal des Vosges - früher Canal de l'Est, Branche sud. Es scheint, dass es sich noch nicht bis zum VNF in den Vogesen herum gesprochen hat, dass selbige VNF den Kanal vor ein paar Jahren umbenannt hat... (siehe Tafel an der Brücke).

Die Schleusen sind in miserablem Zustand.

Die Schleusentore zwischen Corre und Fontenoy le Château sind in miserablem Zustand - oder mit anderen Worten: so bekämpft die VNF den Wassermangel. Überhaupt der ganze Kanal ist in einem teilweise desolaten Zustand. Weitere Bilder werden folgen...

Wir fahren von Core noch drei Schleusen weiter und verbringen die Nacht mitten im Wald bei Passavant-la-Rochère, wo wir schon im 2009 lagen, als es so heiss war. Ein idyllischer Platz.


26.5.2011

Nun befahren wir erstmals den bislang unbekannten Teil des Canal des Vosges. Der Kanal schlängelt sich durch ein immer enger werdendes Tal. Sehr eindrücklich und sehr romantisch. Wir geniessen die Fahrt und freuen uns sogar (einingermassen) über die diversen Platzregen, die uns heute erstmals beglücken. Sie kommen zwar immer genau dann, wenn wir in eine Schleuse einfahren und nach draussen müssen, aber das gibt wenigstens wieder etwas Wasser für die Schifffahrt.

Das Quai von Fontenoy-le-Chateau.

Das Quai von Fontenoy-le-Chateau. Wir treffen auch hier wieder alte Bekannte aus dem letzten und vorletzten Jahr.

27.5.2011

Wir fahren heute von Fonetoy le Château über Bains les Bains bis zum Quai de la Colosse.

Vor Bains les Bains.

Der Kanal folgt dem engen und gewundenen Tal des Flüsschens "le Côney". Daraus ergeben sich auch enge und spannende Kurven im Kanal. 

Quai de la Colosse.

Quai de la Colosse - mitten im Nirgendwo.... Aber für eine Nacht sehr ruhig und romantisch.

Surli geniesst den Feierabend.

Surli steht im Schutz vor dem Regen unter der Tanne und geniesst den Feierabend.

Stilleben mit Poller.

Stilleben mit Poller.

Gegen Abend passiert die Liberty.

Gegen Abend passiert die Liberty. Über VHF Kanal 10 sagen wir sagen Christine und Guy "bonjour" und "bon voyage" und erkundigen uns nach den Wasserständen.

Surli studiert die Unterlagen.

Surli studiert die Unterlagen: wie geht es im Detail morgen weiter? Dominique interessiert sich natürlich ebenfalls für die morgige Fahrt und geniesst derweil "Kaffee und Kuchen":

Dominique 

28.5.2011

Heute fahren wir vom Quai de la Colosse nach les Forges d'Uzemain.

Wir treffen auf eine Schleusen Idylle.

Wir treffen auf eine Schleusen Idylle. Lustig, was sich die Menschen alles einfallen lassen, um den Platz, wo sie wohnen, zu verschönern.

Die Schleusen sind in miserablem Zustand.

Wir habenn uns erlaubt, den Zustand der Schleusen ein wenig zu dokumentiern. Die Veranbtwortlichen des VNF sollten sich schämen, diese Bauwerke derart verkommen zu lassen! Aber es wird noch schlimmer kommen...

Die RIA liegt in Uzemain am Querquai.

Die RIA liegt in Uzemain am Querquai. Auch hier ist alles ruhig, ausser ein paar Häusern gibt es nichts. Das Restaurant mit angegliederter Metzgerei hat offenbar schon seit Jahren zu gemacht. Es ist eine abgelegene Gegend hier in dem Teil der Vogesen.

29.5.2011

Wir fahren heute von Uzemain ganz hinauf nach Girancourt. Das liegt unmittelbar vor dem höchsten Teil des Kanals, dem sogenannten "Bief de Partage".

Schleusen-Nostalgie!

Ganz oben im Kanal treffen wir noch auf etwas Schleusen-Nostalgie! Die letzten manuellen Schleusen im Canal des Vosges werden nächstes Jahr verschwunden sein. Der junge Mann erzählt uns, dass er diese Arbeit nun seit vier Jahren gemacht hat und wir nun sein letztes Schiff sind. Nachher muss er eine neue Arbeit suchen. Bevor wir weiter fahren tätschelt er mit der Hand auf die RIA und sagt versonnen: ich wünsche dem Schiff eine gute Fahrt. 

Fundstück im Seil...

Dominique trifft auf ein Fundstück in unserem Seil. Ein Fischer scheint das Seil anstatt das Wasser getroffen zu haben. Zum Glück hat sich Dominique nicht die Hand verletzt. 

Wir erreichen den Quai de Trusey in Girancourt, eine Schleuse vor dem "Bief de partage", der Scheitelhaltung.  Hier gibt es in drei Minuten zu Fuss vom Schiff einen riesigen Intermarché. Das nützt uns aber wenig, da heute Sonntag ist. Man hat halt nicht immer Glück...

30.5.2011

Heute befahren wir die Scheitelhaltung um dann in die Schleusentreppe auf der anderen Seite zu gelangen.

Ecluse 1 - Trussey

Ecluse 1 - Trusey, die letzte Schleuse auf der Seite gegen die Saône. Auch hier ist der Zustand der Schleuse bemerkenswert, insbesondere da sich dahinter ein Stützpunkt der VNF befindet. Auch die Poller mit den "Hütchen" finden wir originell, nur müssen wir kucken, wo und wie wir das Schiff festmachen sollen.

Der Urwald des Bief de Partage.

Wir fahren durch den Urwald des Bief de Partage. Das Wasser wurde wegen Knappheit bereits auf 1.40m tirant d'eau (erlaubter Tiefgang) abgesenkt, was es uns mit 1.35m Tiefgang auch nicht leichter macht. So fahren wir halt ganz gemütlich mit vier bis fünf Stundenkilometern, damit wir nicht so stark ans Ufer gesogen werden. Aber es ist zwifellos ein besonderes Erlebnis mit der RIA den Dschungel zu durchqueren.

Bief de Partage.

Auf den 11Km des Bief de Partage kommen wir durch vier malerische Dörfer, welche in eine anmutige Gegend gebettet sind.

Pegelstand

Bei der "Alimentation" des Kanals, also da wo das Wasser aus dem "Reservoir de Bouzey" eingespiesen wird, wird der Pegelstand gemessen: 1.75m Wassertiefe. Also haben wir immerhin noch 35cm unter dem Schiff. Das aber leider nur in der Kanalmitte. So müssen wir immer sehr ganau darauf achten, in eben dieser Mitte zu fahren. Surli hat jedenfalls ein Auge immer auf das Echolot, das die Distanz zum Boden anzeigt.

Wir verlassen den Bief de Partage nach 2.5 Std. Fahrt und "stürzen" uns in die Schleusentreppe, welche ins Tal der Moselle hinuter führt. Wir haben einen extrem starken Wind von schräg hinten. Dreimal stellt uns eine Böe mit bis zu 6 Baufort ca. 20 Meter vor der Schleuse quer. Einmal sagte Dominique dann in der Schleuse: ich hätte nicht gedacht, dass Du das Schiff da noch rein bringst. Surli meinte lakonisch: ich auch nicht...

Die Schleusen sind in miserablem Zustand.

Hier ein weiteres Beispiel der "Schleusenkultur" im Canal des Vosges.

Quai de Golbey.

Nach dieser stürmischen und wirklich äusserst mühsamen Fahrt legen wir ziemlich geschafft am Quai de Golbey an. Dominique geht in den nahe gelegenen Supermarché einkaufen, Surli geniesst derweil das "Landungsbier". 

31.5.2011

Dieser regnerische Tag wird uns als "Tag der Widerwärigkeiten" in Erinnerung bleiben.

Schon in der zweiten Schleuse nach Abfahrt, wieder mit viel Wind, bremst die RIA bei der Einfahrt in die Schleuse plötzlich von alleine und steht still. Uns schwant nichts Gutes. Wir schauen genau nach und finden ein grosses Holz, das sich zwischen der RIA und der Schleusenwand verklemmt hat.

Wir stellen die Schleuse auf "Nothalt" und telefonieren dem VNF. Nach 35 Minuten kommt ein freundlicher Mann. Wir erklären das Desaster und er versucht mit einem grossen Eisen, den Holzbalken nach unten zu schlagen. Das misslingt leider. So geben wir Vollgas retour und schleifen wieder aus der Schleuse hinaus. Nach dem Entfernen des Holzes durch den VNF Mann können wir einfahren und normal schleusen. 

Um 13:20 Uhr halten wir am Quai von Thaon les Vosges und machen Feierabend für heute. Anderthalb Stunden später klopft ein freundlicher Mann von der VNF am Schiff und erklärt uns, dass wir hier nicht bleiben können, da man im Sinn hat, hier den Pegel über Nacht zu senken und wir dann auf Grund liegen würden. Wir müssten weiter fahren. Was will man machen? Ablegen und weiter fahren - was sonst.

Der Zustand der Schleusen wird immer schlimmer. Dies wird dann die zweite "Schicksalsschleuse" für heute:

Wähernd des Schleusenvorgangs bemerken wir, dass nur noch der hintere Teil des Schiffs nach unten geht, der vordere Teil bewegt sich nicht mehr und wir hören sehr seltsame Knackgeräusche. Notstopp und den VNF erneut anrufen! Wieder nach einer guten halben Stunde kommt der selbe VNF Mann, der schon das Holz aus der Schleuse  entfernte.

Wir erklären ihm, dass das sich ein Reibholz (für nicht Schiffer: ein länglicher Hartgummi-Fender, der das Schiff vor der Schleusenwand schützen soll) in der defekten Schleusenmauer verklemmt und gedreht hat und somit das Schiff blokiert. Der VNF Mann bemerkt, dass er wisse, dass die Schleusenmauer repariert werden sollte. Surli meint dazu, dass es besser wäre, es zu tun anstatt darüber zu reden. Der Regen kühlt zum Glück das Gemüt von Surrli wieder und wir machen uns an die Problemlösung: 

Surli entfernt nun das Reibholz auf der anderen Seite, der Schleusenwärter lässt vorsichtig wieder Wasser in die Schleuse bis sich das verklemmte Reibholz etwas löst, so dass Surli auch dieses heraus ziehen kann. Dann wird das Wasser wieder abgelassen und nach einer guten Stunde können wir ausfahren.

Ziemlich müde und nass legen wir gegen sechs Uhr abends dann am Quai de Nomexy an. Heute schmeckt das Feierabendbier besonders köstlich.

1.6.2011

Bis Charmes ist es nicht mehr weit. Trotzdem haben wir nicht besonders gut geschlafen, denn in der letzten Schleuse vor Charmes ist die Schleusenwand seit Jahren defekt und hat einen Knick nach innen. Wir sind uns nicht sicher, ob wir mit unserer Schiffsbreite durchkommen werden, denn letztes Jahr ist immerhin ein Hotelpéniche in der Schleuse stecken geblieben.

 

Wir fahren ganz vorsichtig ein, checken immer wieder beide Seiten, ob es noch Platz hat und sind schliesslich drin. Unser Augenschein sagt uns, dass es eigetlich gehen sollte. Wir lösen den Schleusenvorgang aus: die bergseitigen Tore schliessen sich, das Wasser beginnt zu sinken, wir prüfen laufend den Abstand auf beiden Seiten und langen schliesslich unten an, ohn das Schiff "aufzuhängen". Nun noch die Ausfahrt (die RIA ist hinten etwas breiter als vorne): ganz sorgfältig fahren wir aus und mit praktisch null Toleranz passieren wir den Knick in der Schleusenwand und sind durch!

An Bord ertönt spontaner Jubel und wir wissen, nun haben wir es geschafft, denn von Charmes bis Kanalende sind wir letztes Jahr schon gefahren, das sollte gut gehen.

Wir liegen wieder einmal in Charmes.

In Charmes bleiben wir eine Woche und ruhen uns von der Fahrt aus. Selbstverständlich freuen wir uns auch, Edith und Paul wieder zu sehen und dann haben wir noch einen guten Grund, etwas hier zu bleiben:

Crémant zum Frühstück?

Crémant zum Frühstück? Das gibt es selbst auf der RIA nicht häufig - schon gar nicht, wenn nachher noch gefahren wird. Der Grund ist einfach: Surli hat Geburtstag. 

Doch am 8. Juni gibt's dann wieder das ganz normale Frühstück, dann fahren wir nämlich weiter.  

Gewindestange in der Schleusenmauer!

In einer Schleuse finden wir riesen eine Schlamperei der VNF, die alles bisherige toppt: es schauen zwei Gewindestangen ca. 1.5cm aus der Schleusenmauer heraus. Mit der Trennscheibe abgeschnitten und mit Rasierklingen scharfen Kannten!!!! Dass dies zumindest einen Fender kosten kann oder gar sehr teure Schäden an Schiffen verursachen kann, interessiert die VNF nicht. Entweder bodenlose Blödheit oder komplette Abwesenheit auch nur einer Spur von Arbeitsinteresse und Verantwortungsgefühl - oder beides.

Eine Fahrt wie durch den Amazonas...

Eine Fahrt wie durch den Amazonas... Es sieht zwar schön und romantisch aus, doch muss der Schiffsführer ständig Acht geben, nirgends an den weit in den Kanal hinein reichenden Ästen hängen zu bleiben und das Schiff nicht zu beschädigen. Kreuzen ist hier völlig unmöglich, wenn man sich nicht "Seitwärts ind die Büsche schlagen" will.  

Richardménil.

Sehr gerne legen wir wieder in Richardménil an. Es ist eine von einem gemeinnützigen Verein betriebene, sehr gepflegte und mit Liebe zum Detail gestaltete Anlegestelle. Man muss nur den Berg hinauf spazieren und schon man kann im Supermarché einkaufen. Beladen geht's ja dann zum Glück bergab.

Die letzte Schleuse im Canal des Vosges.

Die letzte Schleuse im Canal des Vosges. 

Wir ziehen ein Fazit unserer Fahrt durch den Canal des Vosges:

Unser Eindruck ist gespalten. Einerseits ist der Kanal geprägt von einer eindrücklichen und sehr unterschiedlichen Landschaft: auf der Seite zur Saône führt der Kanal durch die enge Schlucht des Flüsschens „Le Coney“. Es ist eine sehr abgelegene und einsame Berggegend mit viel Wald und steilen Abhängen. Dann kommt man zur Scheitelhaltung, nach der engen Durchfahrt durch einen Einschnitt im Berg gelangt man in eine offene und liebliche Landschaft.

Dann geht es eine Folge von unzähligen Schleusen hinunter nach Golbey. Hier könnte man nach Épinal abzweigen, was unbedingt zu empfehlen, aber aus Wassermangel nicht möglich war. Jetzt sind wir bereits im Tal der Moselle, welche weit entfernt in den Vogesen entspringt und hier noch ein kleines, noch nicht schiffbares Flüsschen bildet. In einer offenen, schönen Landschaft mit verschiedenen, typisch französischen Dörfern fährt man zu Tal, bis man in Neuves-Maison in den Bereich der Grossschifffahrt der Moselle kommt.
Und nun zum „Andererseits“. Auch hier bleiben zwei konträre Eindrücke zurück. Die Mitarbeiter (Frauen gibt’s da wohl nicht) der VNF sind durchwegs freundlich und hilfsbereit. Sie geben sich durchwegs Mühe, die Probleme zu lösen. Auf der anderen Seite müssen wir offene Kritik an der VNF üben: Der Kanal ist ein einem teilweise desolaten Zustand. Etwa neunzig Prozent der Spundwände sind auf Wasserhöhe komplett durchgerostet, so dass das Wasser ungehindert dahinter und wieder zurück schwappen kann. Die Schleusentore zwischen Corre und Fontenoy-le.Château sind komplett defekt. Das Wasser strömt nicht nur in der Mitte und aus den Verankerungen Hektoliter weise heraus. Teilweise sind die Stahlbleche der Türen derart mit Rostlöchern gespickt, dass es aussieht, wie wenn jemand mit einer Giesskanne Wasser spritzen würde. Hier sind die nächsten Unterbrechungen der Schifffahrt wegen gebrochen Schleusen schon vor programmiert.

Auf der Seite zur Moselle sind die Schleusenwände mehrheitlich in einem unverantwortbar schlechten Zustand. Die Probleme damit hast Du oben gesehen. Wir sind der Meinung, dass es ohne weiteres passieren kann, dass die eine oder andere Schleusenwand eines Tages einfach in die Schleuse fällt.
Zusammenfassend können wir sagen: da wir die Tücken des Kanals jetzt kennen, werden wir ihn sicher wieder einmal fahren, es lohnt sich landschaftlich und es ist eine wichtige Nord-Süd-Verbindung. Dass der VNF diesen wichtigen Kanal derart verkommen lässt, ist uns unbegreiflich.

Zurück bleiben ja letztlich immer nur die schönen Erlebnisse, von denen wir zahlreiche mitnehmen.

 

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